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Wer ist Schuldner eines Schuldbriefes?

11.01.2024

Grundpfandrecht Der Schuldner eines Schuldbriefes ist auf dem Titel nicht ersichtlich; auch im Grundbuch ist der Schuldner nicht eingetragen. Wie lässt sich dann der effektive Schuldner eruieren?

Das Grundpfandrecht belastet ein Grundstück zur Sicherung einer Forderung, so dass der Gläubiger bei Fälligkeit und Nichtbezahlung seiner Forderung das Pfand (Grundstück) auf dem Betreibungsweg verwerten kann. Das Grundpfandrecht ist somit eng mit dem Verwertungsrecht verbunden. Die massgebenden Regelungen finden sich deshalb einerseits im Zivilgesetzbuch (ZGB), andererseits im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG).

Zwei Arten von Grundpfandrechten

In der Schweiz gibt es zwei Arten von Grundpfandrechten: den Schuldbrief und die Grundpfandverschreibung. Bei beiden Arten haftet primär das Grundstück mit dessen Erlös aus der Verwertung durch das Betreibungsamt. In einem zweiten Schritt haftet jeweils der Schuldner persönlich.

Grundpfandverschreibung

Die Grundpfandverschreibung ist kein Wertpapier, sondern bloss eine Beweisurkunde. Auf sie trifft man beispielsweise bei der Sicherstellung von Forderungen des Ehegatten aus dem Güterrecht oder bei Gewinnanteilsrechten der Miterben aufgrund einer Veräusserung des Grundstücks. Ausserdem werden die gesetzlichen Pfandrechte – wie etwa Bauhandwerkerpfandrechte – als Grundpfandverschreibungen begründet. Durch die Bezahlung der Forderung geht dieses Grundpfandrecht unter.

Physische und digitale Schuldbriefe

Anders ist dies bei der zweiten Grundpfandrechtsart, dem Schuldbrief. Diesen kann der Schuldner für die Aufnahme einer neuen Hypothek erneut verwenden. Auch deshalb ist der Schuldbrief als Verkehrspfandrecht weit verbreitet und ein geeignetes Mittel für die Sicherstellung von Hypothekardarlehen. In den ersten 100 Jahren nach Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (im Jahr 1912) konnten Schuldbriefe nur papiermässig als Wertpapiere ausgestellt werden (Papier-Schuldbriefe). Seit dem 1. Januar 2012 ist es möglich, Schuldbriefe neu auch als Register- Schuldbriefe im Grundbuch einzutragen, ohne dass dadurch ein physisches Wertpapier ausgestellt wird.

Ausstellung von Schuldbriefen

Der Papier-Schuldbrief wird durch das Grundbuchamt ausgestellt. Er bedarf seit dem 1. Januar 1994 zu seiner Gültigkeit einzig der Unterschrift der Grundbuchverwalterin oder des Grundbuchverwalters (Art. 861 Abs. 2 ZGB). Früher musste der Schuldbrief zusätzlich vom Schuldner unterzeichnet werden. Dies führte bei späteren Übertragungen jedoch regelmässig zu Verwirrung, da der neue Schuldner auf dem Titel nicht nachgeführt wurde. Mittlerweile hat das Bundesgericht geklärt, dass die Angabe des Schuldners nicht zum notwendigen Inhalt des Papier- Schuldbriefes gehört. Aus diesem Grund wird der Schuldner auf dem Schuldbrief nicht mehr aufgeführt. Lediglich der Gläubiger ist mit seinem Namen ersichtlich, wobei bei Inhaber- Schuldbriefen als Gläubiger «Inhaber» steht. Auch im Grundbuch ist der Name des Schuldners nicht ersichtlich.

Wer ist Gläubiger?

Beim Papier-Schuldbrief wird entweder derjenige als Gläubiger bezeichnet, der den Titel rechtmässig erworben hat – wie beim Inhaber-Schuldbrief – oder derjenige, auf dessen Namen der Schuldbrief erstmals ausgestellt worden ist bzw. auf den Namen des neuen Gläubigers, sofern eine Übertragung stattgefunden hat. 

Beim Register-Schuldbrief weist der konstitutive Grundbucheintrag das Gläubigerrecht nach. Kurz: Wer beim Register-Schuldbrief im Grundbuch als Gläubiger eingetragen ist, gilt als tatsächlicher Gläubiger.

Wer ist Schuldner?

Die Errichtung eines Schuldbriefes bedarf zu seiner Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung. In der Errichtungsurkunde beim Notar ist die Schuldanerkennung des Schuldners zu beurkunden. Somit ist der erste Schuldner des Grundpfandrechts bekannt. In den meisten Fällen ist dieser Schuldner identisch mit dem Eigentümer des zu belastenden Grundstücks.

Drittpfand als Ausnahme

In der Regel dient das Pfandrecht der Sicherung einer Schuld des Eigentümers. Das verpfändete Grundstück muss jedoch nicht zwingend im Eigentum des Schuldners sein. Fallen Eigentum und Schuldnerstellung auseinander, spricht man von einem Drittpfand. Das bedeutet, dass der Grundeigentümer auf seinem Grundstück ein Pfandrecht für eine fremde Schuld bestellt, beispielsweise für ein Bankdarlehen, das seinem Sohn gewährt wurde. Der Grundeigentümer (Vater) haftet als Pfandgeber in diesem Fall ausschliesslich mit dem verpfändeten Grundstück für die Pfandforderung. Bei ihm entfällt die persönliche Haftung, denn diese obliegt dem Schuldner (Sohn).

Eigentumswechsel

Bei einem Eigentumswechsel regelt man im öffentlich zu beurkundenden Kaufvertrag auch das Schicksal der Grundpfandrechte. Übernimmt beispielsweise der Käufer eine bestehende Hypothekarschuld des Verkäufers, wird regelmässig vorgängig das Einverständnis des Gläubigers zum Schuldnerwechsel eingeholt, so dass der bisherige Schuldner befreit werden kann.

Wird dieses Einverständnis nicht eingeholt, teilt das Grundbuchamt dem Gläubiger den Eigentumswechsel mit. Nun kann dieser innert Jahresfrist schriftlich erklären, dass er den bisherigen Eigentümer des Grundstücks als Schuldner beibehalten will. Dies kommt etwa vor, wenn der neue Schuldner nicht kreditwürdig ist. In diesem Fall entsteht ebenfalls ein Drittpfand.

Vielfach wird bei einem Eigentumswechsel die bestehende Hypothek gekündigt, damit der neue Eigentümer bei seiner eigenen Bank die Finanzierung vornehmen kann. Die Gläubigerrechte der Schuldbriefe werden dabei auf die neue Bank übertragen. Bei Papier-Schuldbriefen erfolgt dies durch eine Übertragung (Indossament) auf dem Titel selbst. Bei Register-Schuldbriefen geschieht dies durch eine Erklärung des bisherigen Gläubigers, die dem Grundbuchamt zur Nachführung eingereicht wird.

Fazit

Im Gegensatz zum Gläubiger ist der Schuldner eines Schuldbriefes weder auf dem Wertpapier selbst noch im Grundbuch ersichtlich. Man kann aber grundsätzlich davon ausgehen, dass der Eigentümer des Grundstücks auch der Schuldner der darauf lastenden Schuldbriefe ist. In Ausnahmefällen allerdings, nämlich beim Drittpfand, fallen Eigentümer- und Schuldnerstellung auseinander.

Roland Pfäffli Prof. Dr. iur., Notar, Thun Konsulent bei Von Graffenried Recht, Bern 
Mascha Santschi Kallay Dr. iur., Rechtsanwältin, Meggen Konsulentin bei epartners Rechtsanwälte AG, Zürich