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Sanieren im Stockwerkeigentum

30.09.2024 Stéphanie Bartholdi, MLaw, Juristin beim HEV Schweiz

Muss ein Objekt im Stockwerkeigentum saniert werden, stellen sich verschiedene Fragen: wie und mit wem sanieren – und wie finanzieren? Was es zu beachten gilt, um mögliche Konflikte zu vermeiden.

Stockwerkeigentum gibt es in der Schweiz seit 1965. Die ersten Einheiten sind heute fast 60 Jahre alt und dementsprechend sanierungsbedürftig. Bei solchen Baujahren steht meist eine Gesamtsanierung an, da verschiedenste Bauteile ihre Lebensdauer erreicht haben und das Gebäude an den Stand der Zeit angepasst werden soll. Aber auch wenn es nur um ein kleines Sanierungsprojekt geht, ist das Konfliktpotential gross. Neben der Frage wie genau und mit welchen Unternehmungen saniert werden soll, steht auch das Thema Geld im Vordergrund. Erneuerungen des gemeinschaftlichen Eigentums werden von den Stockwerkeigentümern gemeinsam getragen und finanziert. Um die Sanierungskosten zu decken, sollte bereits bei Begründung des Stockwerkeigentums ein Erneuerungsfond errichtet und mit regelmässigen Einzahlungen gespiesen werden. Reichen die Mittel des Erneuerungsfonds nicht aus oder gibt es keinen, müssen die Eigentümer die fehlenden Beträge nachschiessen. Eine vorausschauende Finanzplanung durch den Verwalter ist aus diesem Grund äusserst wichtig. Ist absehbar, dass eine Gesamterneuerung oder grössere Erneuerungsarbeiten auf die Liegenschaft zukommen, ist es ratsam, einmal in den «Topf» zu schauen, um festzustellen, ob die geplanten Massnahmen finanziell überhaupt zu stemmen sind. Falls nein, ist neben dem Sanierungsprojekt auch ein entsprechender Kredit- und Finanzierungsantrag
vorzubereiten.

Wer entscheidet?

Der einzelne Stockwerkeigentümer ist Teil einer Gemeinschaft. Sobald bauliche Massnahmen nicht die eigenen vier Wände (Sonderrechtsbereich), sondern gemeinschaftliche Bereiche betreffen, ist die Eigentümergemeinschaft als Ganzes und nicht der einzelne Eigentümer zuständig. Alle Arten von baulichen Massnahmen, die gemeinschaftliche Teile betreffen, dürfen nur mit Zustimmung der Stockwerkeigentümergemeinschaft in Angriff genommen werden.

Bauliche Massnahmen und Traktandenliste

Grundsätzlich darf die Stockwerkeigentümerversammlung nur über Geschäfte beschliessen, die gehörig angekündigt wurden. Ein Geschäft ist gehörig angekündigt, wenn für die Eigentümer klar ist, worüber die Gemeinschaft beschliessen soll und sie sich entsprechend vorbereiten können. Normalerweise umschreibt die Traktandenliste die zur Beschlussfassung vorgesehenen Traktanden stichwortartig. Je nach Geschäft kann es aber angezeigt sein, dass entsprechende Unterlagen mitgeschickt werden. Im Fall baulicher Massnahmen können sich die Eigentümer nur dann ein gehöriges Bild über die Tragweite des Geschäftes machen, wenn sie Informationen zur Notwendigkeit der geplanten Massnahmen und mögliche Projektalternativen erhalten. Hat der Verwalter zum Beispiel bereits Projektstudien vorbereitet und / oder Offerten für die Arbeiten eingeholt, hat er diese den Eigentümern bereits mit der Einladung zur Versammlung zuzustellen.

Vorbereitung der Beschlussfassung

Steht nicht bloss eine Einzelmassnahme zur Debatte, wird in den allermeisten Fällen ein Beschluss nicht reichen, um über das Projekt zu beschliessen. Bei umfassenden Umbauten hat der Verwalter einen Beschlussplan zu erstellen. Am Anfang steht der Grundsatzentscheid, ob Handlungsbedarf besteht und der Verwalter mit der Ausarbeitung der nächsten Schritte beauftragt werden soll. Bei der nächsten Versammlung stellt der Verwalter dann den Eigentümern verschiedene Projektvarianten mit modularen Erneuerungsmassnahmen und die dazugehörigen Offerten vor. Der Verwalter kann zum Beispiel einer Minimalvariante, die sich nur auf die dringendsten Massnahmen beschränkt (z. B. Sanierung rissiger Fassade, Erneuerung einer nicht mehr funktionstüchtigen Heizanlage), eine Maximalvariante gegenüberstellen, die neben den notwendigen Arbeiten noch wertvermehrende Investitionen vorsieht (z. B. Erneuerung der Aussenhülle mit verbesserter Lärmund Wärmedämmung, Wechsel des Heizungssystems). So kann der Verwalter dem Risiko vorbeugen, dass ein allenfalls zu grosses und teures Sanierungsprojekt vollständig scheitert und zugleich sicherstellen, dass zumindest die dringend angezeigten werterhaltenden Massnahmen das nötige Zustimmungsquorum erreichen.

Beschlussfassung

Basierend auf den Offerten zur Bauausführung legt der Verwalter der Eigentümerversammlung sodann den Antrag zur Projektvergabe sowie den Kredit- und / oder Finanzierungsantrag zur Diskussion und Beschlussfassung vor.

Folgende Punkte sollte der Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung enthalten:

  • Die gewählte Projektvariante,
  • den Zuschlag des Auftrages / der Aufträge an den oder die gewählten Unternehmer,
  • Einsetzen einer Bauherrenvertretung, die das Bauvorhaben im Interesse der Eigentümergemeinschaft begleitet,
  • Bestimmung eines Vertreters der Gemeinschaft für den Abschluss der Verträge und die Ausübung der bauvertraglichen Rechte und Pflichten der Gemeinschaft (Bauabnahme, Mängelrügen etc.),
  • Ermächtigung Vertreter zur Einholung
  • der Baubewilligung,
  • Finanzierung des Projekts – Baukredit und / oder Antrag auf Bezug des Betrages aus dem Erneuerungsfonds sowie – Antrag zur Kostenverteilung des Restbetrages auf die Stockwerkeigentümer gemäss Verteilschlüssel der Gemeinschaftsordnung.

Vertragsschluss nach dem Beschluss

Nach erfolgtem Beschluss zum Bauprojekt folgt der Abschluss der Werkverträge mit den Unternehmern. Diese werden vom Vertreter unterzeichnet, den die Gemeinschaft einsetzt. Als Vertreter der Gemeinschaft eingesetzt werden kann der Verwalter, ein Bauausschuss oder ein externer Dritter. Bei der Wahl sollte darauf geachtet werden, dass der Kandidat über genügend Erfahrung und Kenntnisse im Baubereich verfügt sowie fähig und willig ist, die Interessen der Eigentümergemeinschaft gegenüber den Unternehmern zu vertreten. Der Vertreter ist im Anschluss an die Arbeiten auch für das Mängelmanagement zuständig und hat mit dem beteiligten Unternehmer die Bauabnahme durchzuführen. Anlässlich dieser sind bestehende Mängel zu protokollieren und zu rügen.